Verfasser und Herkunft
Das literarische Werk des Taijiquanlun, der Klassiker zum Taijiquan wird zwar einer bestimmten Person, nämlich Wang Zongyue, zugeschrieben, aber ob das tatsächlich so ist, kann keiner definitiv sagen. Es ranken sich einige Geschichten um das Werk. Man erzählt, es sei Mitte des 19. Jahrhunderts in einem Salzladen in der Provinz Hebei gefunden worden. Man erzählt sich auch, das Werk stamme in den meisten Teilen von Zhan Sanfeng, einem Mönch aus dem 12. Jahrhundert, der als Urvater des Taijiquan gilt. Ob der genannte Autor des Taijiquanlun, also Wang Zongyue, überhaupt existierte ist nicht belegt. In China war es durchaus üblich, sich nicht selbst mit Geschriebenem zu schmücken, sondern das Werk alten Meistern oder sagenumwobenen Gestalten zuzuschreiben. So könnte es auch sein, dass das Taijiquanlun noch gar nicht so alt ist.
Variationen
Der Titel und die Inhalte des Textes sind nicht einheitlich. Manchmal findet man den Titel: 太極拳經 (Taijiquan JING). Dabei weißt das jīng, welches eigentlich die Bedeutung von „über…“ hat, auf den Klassiker hin.
Beim eigentlichen Text kann man ebenfalls verschiedene Versionen finden. Da das Werk, über Abschriften und mündliche, innerhalb der einzelnen Stilrichtigen des Taijiquan weitergegeben und verbreitet wurde, hat es sich über die Jahre in Teilbereichen verändert. Dabei variiert der letzte Abschnitt am meisten. Die Kernaussage bleibt davon aber unberührt. Egal wie viele Mythen sich um das Taijiquanlun ranken, in seinem Gehalt ist es auf alle Fälle Wert, sich damit zu befassen.
Keine Reime, aber…
Die Satzkonstruktionen, die wir im Taijiquanlun finden, entsprechen nicht dem, was wir im Deutschen einen Sachtext nennen würden. Es handelt sich eher um einen literarischen Text. Diese Art, Sachverhalte zu Papier zu bringen, birgt großen Interpretationsspielraum. Und gerade damit möchten wir uns ja auseinandersetzen. Das Taijiquanlun ist kein Text, den wir einfach mit modernem Chinesisch, wie wir es in den heute gängigen Wörterbüchern finden, übersetzen können. Obwohl das Taijiquanlun nicht in Reimform geschrieben ist, kann man erkennen, dass im Aufbau oft mit der gleichen Anzahl an Schriftzeichen gearbeitet wird. Es ergibt sich dem Leser so ein eingängiger Rhythmus. Hier ein Beispiel aus dem Taijiquanlun:
動急則急應. 動緩則緩隨. | 5 – 5 |
雖變化萬端, 而理為一貫. | 5 – 5 |
由著熟而漸悟懂勁. 由懂勁而階及神明. | 8 – 8 |
然非功力之久, 不能豁然貫通焉. | 6 – 7 |
虛領頂勁, 氣沈丹田. 不偏不倚. 忽隱忽現. | 4 – 4 – 4 – 4 |
左重則左虛. 右重則右杳 | 5 – 5 |
Auch sogenannte Parallelkonstruktionen finden Anwendung. Dabei werden bestimmte Begriffe bzw. Satzstrukturen wiederholt (Beispiel oben, letzte Zeile, unterstrichen). Im klassischen Chinesisch gibt es besondere grammatikalische Regeln, die hier auch angewendet wurden. Um der Struktur, also dem Rhythmus des Textes gerecht zu werden, werden auch Schriftzeichen weggelassen. Für das Verständnis des Inhalts ist der Kontext zum Thema, hier dem Taijiquan, dann von besonderer Wichtigkeit.