Qi - die Energie, oder mehr?

氣 (vereinfacht 气) {qì}  1.  Atem, Atemluft  (S)  2.  Gas  (S, Chem)  3.  Geruch  (S)  4.  Luft  (S)  5.  Manier  (S)  6.  Moral, Geist  (S)  7.  physiologische Aktivität; funktionelle Vitalität des Organismus; Lebensenergie  (S)  8.  Wetter  (S)  9.  schikanieren  (V)  10.  sich ärgern  (V)  11. Ätherwellen  (S)

Qi

Der Bereich Philosophie ist beim Qi nicht so passend gewählt. Dennoch ist es ein Begriff, der nicht einfach aus dem Wörterbuch ergründet werden kann. Das Schriftzeichen für Qi setzt sich in der traditionellen Schreibweise aus Reis (米) und dem daraus aufsteigenden Dampf (气) zusammen. In der vereinfachten Schreibweise (气) sehen wir nur noch den Dampf. Die ursprüngliche Darstellung war das Bild von Wolken (dünne Wolke), aus dem sich der Begriff Dampf hergeleitet hat. Der Begriff Qi wird im deutschen meist mit „Energie“ übersetzt. Je nachdem, wie weit wir den Begriff Energie im deutschen fassen, kommen wir der Bedeutung im Chinesischen schon recht nahe. In Kapitel 42 des Daodejing wird auch der Begriff Qi verwendet.

Dao erzeugt die Eins. Die Eins erzeugt die Zwei. Die Zwei erzeugt die Drei. Die Drei erzeugt alle Dinge. Alle Dinge haben im Rücken das Dunkle und streben nach dem Licht, und die strömende Kraft gibt ihnen Harmonie. [1]Laotse, Tao te King, Nikol Verlag 2013

In der vorliegenden Übersetzung wird der Begriff Qi als „strömende Kraft“ übersetzt. Laozi beschreibt in diesem Kapitel das Qi als etwas, das für Harmonie sorgt. Die Begriffe Qi und Harmonie haben auch einen gemeinsamen Kontext. So ist es für den Therapeuten in der traditionell chinesischen Medizin von großer Bedeutung, für einen harmonischen Fluss des Qi zu sorgen. Auch in uns Menschen ist es das Qi, das unser Leben am Laufen hält. Wir dürfen das Qi aber nicht als eine Form von Treibstoff sehen, denn bei Qi handelt es sich im Bezug auf uns Menschen, oder auch in der Therapie, um etwas sehr feinstoffliches, nicht Greifbares. Im Gegensatz zum Substantiellen, welches dem Yin entspricht, handelt es sich bei Qi um ein sehr ausgeprägtes Yang. Die Kraft, die im Qi liegt, kann nur zum Tragen kommen, wenn das Qi auch fließt. Im Sprachgebrauch Chinas wird der Begriff Qi auch noch in anderen Zusammenhängen verwendet, die uns helfen ein Verständnis über die Vielschichtigkeit des Schriftzeichens zu erlangen. Ist zum Beispiel einem Maler ein Bild sehr gut gelungen, so spricht man davon, dass das Bild Qi hat. Es geht dabei aber nicht in erster Linie um technische Fähigkeiten, die wir in dem Bild erkennen, sondern vielmehr darum, wie viel Herzblut in der Arbeit steckt. Ich zum Beispiel sehe diese Qualität manchmal in kindlichen Zeichnungen, wie zum Beispiel von einer Sonne. Trotz der noch mangelnden technischen Fähigkeiten kann man das Strahlen förmlich erkennen.

Strömende Kraft

Qi ist auch im Taijiquan ein allseits bekannter Begriff. Doch auch hier gilt, wie oben beschrieben, dass die wahre Form des Qi nicht mit technischen Fähigkeiten gleichzusetzen ist. Durch unsere Fähigkeiten schaffen wir eher die materiellen Voraussetzungen für ein fließendes Qi, und durch das Fließen kann das Qi dann in zweiter Linie seine Wirkung entfalten. Qi hat weniger mit bewusstem Wollen, als vielmehr mit Geschehenlassen zu tun. Qi ist auch nichts, was wir erst erschaffen müssten. Wie aus der Textpassage von Laozi schon hervorgeht, ist es die strömende Kraft, die das ganze System trägt. Es gibt quasi nichts, das ohne Qi ist. Wenn es um die Arbeit oder das Üben mit dem Qi geht, ist damit gemeint, für einen Ausgleich, eine Harmonie, des Qi zu sorgen. Das Qi an eine bestimmte Stelle fließen zu lassen heißt nicht, dass dort noch kein Qi ist, sondern vielmehr, dass an anderer Stelle zu viel und dort zu wenig ist.

Ein sehr bekanntes Themengebiet, indem mit dem Qi der Umgebung gearbeitet wird, ist das Fengshui. Und hier können wir auch mitunter erkennen, dass wir von Natur aus ein Gespür für Qi haben. Ohne zu wissen, ob ein Fengshui-Berater einen Ort gestaltet hat, spüren wir die Stimmigkeit dieses Ortes auf uns wirken. Wir fühlen uns wohl und zumeist haben wir auch ein Gefühl der Ruhe. Menschen die ohne erlerntes Wissen über Fengshui, aber durch ihre Ausgeglichenheit, quasi einem ausgeglichenem Qi ihrer Persönlichkeit, nur aus dem Bauch heraus etwas gestalten, schaffen oft eine Umgebung, die für die meisten spürbar, dieses gewisse Etwas hat, das wir auch mit dem Qi gleichsetzen können.

 

Print Friendly, PDF & Email

Fußnoten[+]