yinyang - Begriff aus der chinesischen Philosophie

陰陽 (vereinfacht 阴阳) {yīn yáng} Yin und Yang

Yin und Yang

Einleitend möchte ich hier auf das Yijing (I-Ging) eingehen, eines der bedeutendsten Werke Chinas. Das Yijing (I-Ging) entstand weit vor unserer Zeitrechnung und war in seinem Ursprung ein Wahrsagebuch. Auf alle vorliegenden Gedankenmodelle und literarischen Werke Chinas hatte es großen Einfluss. Konfuzius hat durch seine Schule und die verfassten Kommentare zum Yijing (I-Ging) das Gesamtwerk, wie es uns jetzt bekannt ist, geschaffen. Die in den Symbolen des Yijing (I-Ging) vorkommenden Striche symbolisieren die beiden Pole Yin und Yang. Der unterbrochene Strich steht für das Yin und der durchgezogene Strich für das Yang. Man muss jedoch davon ausgehen, dass die Begriffe Yin und Yang in der Ursprungsform des Yijing (I-Ging) noch keine Verwendung fanden. Über die Lehre von Yin und Yang gab es vor unserer Zeitrechnung bereits eine eigene Schule. Die Ideen, Qualitäten und Prädikate die hinter Yin und Yang liegen sind bis in die Jetztzeit Grundlage in vielen Bereichen. Sie sind zum Beispiel elementare Bestandteile der Diagnostik und Therapie in der traditionell chinesischen Medizin. Wer beginnt, sich mit dem Taijiquan zu beschäftigen, wird sehr schnell mit diesen beiden Begriffen konfrontiert.

Yin und Yang - das Bild des Berges
Yin Yang - Bild des Flusses

Sehen wir uns die beiden Polaritäten ein mal genauer an. In den klassischen Texten, wie auch in Wörterbüchern finden wir für Yin und Yang die Beschreibung: Yin ist die Nordseite des Berges und die Südseite des Flusses. Yang die Südseite des Berges und die Nordseite des Flusses.
Die Erklärung  hat sich hier nicht nur auf das Modell des Hügels beschränkt sondern den Fluss mit einbezogen. Es kann also sowohl der Süden Yang, wie auch der Norden Yang sein. Das zeigt bereits, dass die Beurteilung, ob etwas Yin oder Yang ist unmittelbar von der Betrachtung abhängt. Es ist ganz wichtig, Yin und Yang nicht auf bestimmte Dinge festzumachen. Wie uns das Taiji schon zeigt, haben die beiden Polaritäten sehr viele Facetten und oft finden wir beide Qualitäten in einer Sache, wenn wir nicht weiter hinein forschen und differenzieren. Dabei sollten wir sowieso vermeiden, zu stark zu differenzieren und zu definieren, denn das ganze System beruht auf Übergängen und Veränderungen, auf gegenseitige Abhängigkeit und Hervorbringung.

Tabellarisch können wir jeder der beiden Polaritäten bestimmte Objekte und Zustände zuschreiben. Innerhalb eines Kontexts, auch einer Handlung, kann die Definition jedoch auch von der ursprünglichen Einteilung abweichen. Dieser Umstand bedeutet für die Praxis, dass wir ständig bemüht sein sollten, die Situationen und Umstände aus der vorherrschenden Situation heraus neu zu betrachten. Sind wir zu voreingenommen, führt uns das meist auf Holzwege. Was gestern oder vor 1 Sekunde noch Yin war, kann jetzt schon Yang sein, oder irgendetwas zwischen Yin und Yang. Wenn wir uns beim Taijiquan oder im Alltag mit dem Yin und Yang beschäftigen, wird uns schnell klar, dass, wie Laozi schon sagte, nur der Wandel das Beständige ist.

YIN

– Frau – Nacht – Dunkel – Aufnehmen – Kälte – Materie – Klein – Unten

Yang

– Mann – Tag – Hell – Abgeben – Hitze – Energie – Groß – Oben

Um den Wandel noch etwas zu verdeutlichen und die Abhängigkeit vom Standpunkt des Betrachters anschaulich zu machen, hier noch ein paar Gedanken:

Mann und Frau – Bleistift und Schreibmaschine

Dem Modell zufolge ist der Mann gegenüber der Frau das Yang. Wenn die Frau zuhört, ist sie als Yin (-Person) in ihrer Handlung ebenso Yin. Ist jedoch die Frau der Sprecher und der Mann der Zuhörer, so ist im Hinblick auf ihre beiderseitigen Handlungen, die Frau aktiv und abgebend, also Yang, und der Mann passiv und aufnehmend, also Yin. Wenn wir uns das Yin und Yang unter der Maßgabe von Objekt und Position betrachten, kann es sich wie folgt verhalten. Der Bleistift als kleines Schreibgerät ist gegenüber der Schreibmaschine Yin. Liegt der Bleistift auf der Schreibmaschine, ist also oberhalb, so ist der Bleistift in seiner Position Yang. Nehmen wir einen uns bekannten zyklischen Prozess so sehen wir deutlich, dass die Grenzen verschwimmen. Der Übergang von Tag und Nacht verhält sich nicht wie das Betätigen eines Lichtschalters. Wir haben einen deutlich hellen Teil zur Mittagsstunde, wie auch einen dunklen Teil um Mitternacht. Die Nacht ist das Yin und der Tag ist das Yang. Im Morgengrauen und in den Abendstunden haben wir die Phasen der Übergänge. Am frühen Morgen nimmt das Yin ab und dass Yang wird zunehmend mehr. Am Abend nimmt das Yang ab, und das Yin nimmt zu, bis es wieder ganz dunkel ist und der Zyklus von neuem beginnt. Und um dieses Beispiel noch weiter zu öffnen haben wir an einem wolkigen Tag mehr Yin als bei Sonnenschein und bei Vollmond im eigentlichen Yin des Tageszykluses einen Aspekt der Helligkeit, also Yang, obwohl der Mond selbst dem Yin zugeordnet wird.

Blickwinkel

Auch der Punkt von dem aus wir Yin und Yang definieren verändert sich oft von ganz alleine. Angenommen ich bin ein träger Stubenhocker und beginne im Januar mich sportlich zu betätigen. Zu Beginn geh ich einmal die Woche nach draußen um 1 Stunde zu „walken“. Ich finde Gefallen an meiner Sportlichkeit und steigere das Pensum, so dass sich im September bereits dreimal die Woche sportlich aktiv werde. Wenn ich dann durch irgendeinen äußeren Umstand in meinen Aktivitäten behindert bin und nur noch einmal die Woche 1 Stunde Zeit habe zu laufen, ist dieser Umstand für mich sehr vom Passivität, also Yin, geprägt. Im Januar war die sportliche Betätigung, einmal die Woche 1 Stunde, der aktive Aspekt, also Yang. Ein und derselbe Umstand hat zwei gegensätzliche Definitionen und der Ausgangspunkt für die Definition hat sich von selbst verändert.

 

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